Landesregierung muss Offenen Ganztag systematisch entwickeln: Antrag der Ratsfraktion DIE LINKE vom 30. August 2017
Antrag an den Jugendhilfeausschuss, den Ausschuss für Schule und Bildung, den Hauptausschuss und den Rat der Stadt Wuppertal
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Frau Warnecke,
im Koalitionsvertrag der Landesregierung heißt es auf S.13:
„Ganztagsschulen
Ganztagsschulen leisten einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gleichzeitig nehmen sie neben dem Betreuungsangebot eine wichtige Rolle als zusätzliches Bildungsangebot wahr. Dabei müssen für Eltern Wahlmöglichkeiten gesichert sein.
Wir werden die Offenen Ganztagsschulen ausbauen, qualitativ stärken und flexibler gestalten. In einem ersten Schritt werden wir mit einem Sofortprogramm neue Plätze schaffen und die Qualität verbessern. Sollte eine Beteiligung des Bundes möglich werden, wollen wir langfristig den Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz ermöglichen.“
Dies begrüßt der Rat der Stadt Wuppertal ausdrücklich,
- da quantitativ die Plätze ausgebaut werden sollen, was für berufstätige Eltern der KiTa-Betreuung enorm wichtig ist;
- da qualitativ der Bildungsaspekt hervorgehoben wird, den der Offene Ganztag für alle Kinder ausmacht;
- da die Qualität noch weiter verbessert werden soll, was die Bildungschancen der Kinder sicherlich ausbauen wird, wie es auch die Landesregierung anstrebt. (Vgl. Koalitionsvertrag S.11: „Wir wollen soziale Nachteile im Bildungsbereich überwinden und Aufstiegschancen für alle eröffnen.“)
Allerdings sieht der Rat der Stadt Wuppertal einen gewissen Widerspruch zum dann folgenden Plan der Landesregierung:
„Gemeinsam mit den Trägern werden wir ein Konzept zur Flexibilisierung der OGS in Kombination mit anderen Betreuungsangeboten erarbeiten, das Platz-Sharing und individuelle Abholzeiten ermöglicht.“
Mit dieser Idee wird dem reinen Betreuungsaspekt weit mehr Raum eingeräumt als dem zuvor so hervorgehobenen Bildungsanspruch des Offenen Ganztags. Dies hätte erhebliche Folgen:
Wenn Eltern ihre Kinder – je nach Arbeitszeit und Freizeitansprüchen der Eltern – flexibel abholen, können die Einrichtungen kein geordnetes Bildungsangebot für alle Kinder anbieten. Dabei geht es nicht nur um Störungen durch das Abholen, sondern vor Allem um die gemeinsamen Lernphasen. Auch wenn es nicht um unterrichtliches Lernen geht, so steht in diesem Bildungskontext doch immer die Ausbildung von Fähigkeiten und vieler Fertigkeiten im Vordergrund – und die finden zumeist mit Partnern oder in Gruppen statt. Kinder, die früher abgeholt werden, müssten davon ausgeschlossen werden, um nicht die Gruppe zu sprengen. Das widerspricht aber jeder pädagogischen Vernunft. Zudem müsste das Bildungsprogramm an wechselnde Gruppen und Kinder angepasst werden, was dem Ziel der Weiterentwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten widerspräche.
Daher legt der Rat der Stadt Wuppertal der Landesregierung nahe, dieses Konzept noch einmal mit Fachleuten zu überdenken und dem Bildungsauftrag des Offenen Ganztags Priorität vor dem Betreuungsaspekt zu geben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Dirk Krüger
Mitglied im Jugendhilfeausschuss
Gunhild Böth Gerd Peter Zielezinski
Fraktionsvorsitzende Fraktionsvorsitzender