Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Fraktion DIE LINKE. im Kreistag Rhein-Erft

Überprüfung von Auftragsvergaben im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie

Anfrage zur Sitzung des Finanzausschuss am 02. Juni 2021

Sehr geehrter Herr Dr. Pohlmann,

die Coronakrise hat Anfang dieses Jahres das Thema Korruption bei der Beschaffung medizinischer Güter in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt.

Die Staatengruppe gegen Korruption (Greco), ein Gremium des Europarates, hatte angesichts der Covid-19-Pandemie bereits am 21 . April 2020 vor der Gefahr einer deutlichen Zunahme von Korruption gewarnt. Das Ärzteblatt vom 22. April 2020 berichtet dazu:

"Die Experten verwiesen darauf, dass der Gesundheitssektor aufgrund des dringlichen Bedarfs an medizinischer Versorgung und der Vereinfachung der Beschaffungsregeln, der Überlastung der Gesundheitssysteme und der Überforderung des medizinischen Personals für Korruption anfällig sei."

Im Juni 2020 warnte Transparency Deutschland in dem Positionspapier " Die Corona-Krise - ein Katalysator für Korruption?" und forderte insbesondere eine transparente Vergabe in Kommunen an. ln dem Papier heißt es:

"Insbesondere auf kommunaler Ebene ist der Vergabebereich korruptionsanfällig, wie die Kriminalstatistiken immer wieder belegen. Regelungen zur Beschaffung von Schutzausrüstung wurden erheblich gelockert, Schwellenwerte bei der freihändigen Vergabe nach oben verschoben oder ganz aufgehoben. Die ,Corona-Vergaben' funktionieren insgesamt schneller und ohne umfangreiche Prüfung, was Betrug erleichtert. Vor diesem Hintergrund befürchten kommunale Antikorruptionsbeauftragte auch, dass Abhängigkeiten zu einzelnen Unternehmen entstehen könnten, die in der Notsituation eine erhöhte Spendenbereitschaft zeigen.

Transparency Deutschland fordert transparente Verfahren, klare Regelungen und eine umfassende Dokumentation bei der Annahme von Spenden und Sponsoring. ln der kommunalen Entscheidungstindung finden aufgrundder aktuellen Situation vermehrt "Dringlichkeitsentscheide" statt ordentlicher Gremiensitzungen statt. Auch ist die Arbeit der Antikorruptionsbeauftragen durch mangelnde technische Ausrüstung im Homeoffice stark eingeschränkt. Die kommunalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen mit diesen Herausforderungen - insbesondere im Homeoffice - nicht alleine gelassen werden. Antikorruption ist eine Führungsaufgabe und muss von oben priorisiert werden. Gerade in Krisensituation müssen Gelder dort ankommen, wo sie wirklich benötigt werden."

Zwischenzeitlich ist eine Vielzahl von Vorgängen bekannt geworden, die diese Warnungen als berechtigt bestätigten. Um nur die bekanntesten Vorgänge zu nennen:

ln Düsseldorf wurde bekannt, dass der stellvertretende Amtsleiter des Schulverwaltungsamtes, Florian Dirszus (CDU) Aufträge in Millionenhöhe für Luftfilter in Klassenräumen an ein Unternehmen vergeben hat, dessen Geräte von der Firma seiner Ehefrau vertrieben werden.

ln Landkreis Altenburg wurde durch einen Antrag des LINKEN-Politikers und Polizeibeamten Frank Tempel verhindert, dass einf vom dortigen CDU-Landrat Uwe Melzer eingebrachte Verwaltungsvorlage, die den Landrat zur Vergabe von Aufträgen zur Anschaffung von Luftfiltern ermächtigt hätte, vom Kreistag verabschiedet wurde. Die Ehefrau des CDU-Landrats ist bei einer Firma, die solche Luftfilter entwickelt und produziert, in verantwortlicher Position tätig.

ln Suhl hat der dortige CDU-Kreisverband eine Spende in Höhe von 7.000 Euro von einem Unternehmen erhalten, nachdem der dortige CDU-Kreisvorsitzende genau diesem Unternehmen zwei Masken-Aufträge an Landkreise vermittelt hatte.

ln Mannheim hat der im März d.J. von seinem Bundestagsmandat zurück- und aus der CDU ausgetretenen Nikolas Löbel für die Vermittlung von Masken-Aufträgen rund 250.000 Euro Provision erhalten.

ln München ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft gegen den Bundestagabgeprdneten Georg Nüßlein (bis März d.J. Mitglied der CSU) wegen des Anfangsverdachts der Abgeordnetenbestechlichkeit und Steuerhinterziehung. Nüßlein soll im Zusammenhang mit der Vermittlung von Maskengeschäften für sein Unternehmen 660.000 Euro Provision erhalten haben.

Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat gegen den ebenfalls im März d.J. von seinem Bundestagsmandat zurück- und aus der CDU ausgetretenen Mark Hauptmann Ermittlungen wegen Bestechlichkeit aufgenommen.

Im März d.J. wurde weiter bekannt, dass die Generalstaatsanwaltschaft München gegen den CSU-Landtagsabgeordneten und früheren bayerischen Justizminister Altred Sauter wegen des Anfangsverdachtes der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern ermittelt. Es geht auch hier um Geschäfte mit Corona-Schutzmasken.

Vor diesem Hintergrund stellt die Fraktion DIE LINKE folgende Anfrage:

  1. Gab es im Rhein-Erft-Kreis Sonderregelungen für Ausschreibungen und Vergaben im Zusammenhang mit der Corona-Krise? Wenn ja: Welche Regelungen wurden geändert?
  2. Werden im Zusammenhang mit der Corona-Krise vorgenommene Vergaben noch einmal nachträglich überprüft, unter anderem in Hinblick auf Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips, auf Wucher (§ 138 Abs.2 BGB, § 291 StGB), auf Korruptionsanfälligkeit und auf Übereinstimmung vorgenommener Vergaben mit regelkonformem Verhalten (Compliance) in der Kreisverwaltung?
  3. Wurden der Verwaltung durch Kreistagsmitglieder bzw. Kommunalpolitiker oder durch Abgeordnete des Landtags NRW oder des Bundestages Hinweise auf Unternehmen gegeben, die Produkte, die der Kreis Corona-bedingt benötigte (wie Masken, Schutzausrüstung usw.), anbieten?
  4. Wenn ja, erfolgten Verträge mit Unternehmen, auf die entsprechende Hinweise gegeben wurden?
  5. Wenn ja: Wurden Provisionszahlungen auf Hinweisgeber in diesen Verträgen ausdrücklich untersagt?
    Wenn nein: Sind entsprechende Regelungen zukünftig vorgesehen?
  6. Sind beauftragte Unternehmen angeschrieben worden, ob sie im Zusammenhang von mit dem Kreis geschlossenen Verträgen Provisionszahlungen, Spenden oder Sponsoring geleistet haben?
  7. Sieht die Verwaltung angesichts der bundesweit bekannt gewordenen Häufung von Korruptionsfällen Handlungsbedarf auch auf Kreisebene?
    Wenn ja: Welche Maßnahmen wurden bereits ergriffen oder sind beabsichtigt?

Kontakt

kommunalpolitisches forum nrw e.V.
Geschäftsstelle:
Severinstraße 1
45127 Essen

Telefon: 0203 - 31 777 38-0
E-Mail: buero@kopofo-nrw.de

Sprechzeiten in der Regel:
Dienstag bis Donnerstag
10:00 bis 16:00 Uhr

Mehr Informationen unter diesem Link.